Heimsuchung zu Tisch - Teil 3: Dönern mit Bernie
4/07/2018 11:04:00 AMTeil 3: Bernie, 50+x, Berlin, irgendwas mit Software
Woher wie uns kennen:
Es wird vermutlich Historiker brauchen, um die erste Begegnung mit Bernie zweifelsfrei festzustellen. Einige Zeitzeugen werden sagen, Bernie fand uns, ebenso wird behauptet werden, dass wir ihn fanden. Anekdotisch jedenfalls erinnere ich mich an eine – vermutlich nicht die erste – Begegnung mit ihm: Stammtisch in der Bar, wie immer Donnerstag, wie immer etwas spät dran. Dass hin und wieder Sondergäste anwesend sind, verwundert niemanden, deshalb ist ein Unbekannter am Tisch nichts Ungewöhnliches. Ich grüßte, setzte mich, und lauschte den Gesprächen zwischen Bernie und allen anderen. Es gab keinerlei Indiz zu glauben, hier säße jemand Fremdes. Zwei Stunden später, Bernie war jetzt weiter gezogen, fragte ich die Anwesenden, wer denn das gewesen sei: „hat sich einfach dazugesetzt.“ Soso. Aus dem „dazusetzen“ wurde über die Zeit ein Teil der Community.
Wir verstehen uns gut, keine Frage, aber es ist dann doch etwas anderes, wirklich bei einer 100% Kneipenbekanntschaften an einem random Freitag auf der buchstäblichen Matte zu stehen. Bei Bernie zu Hause, im real-life! So gänzlich ohne der stets unverbindlichen Kneipenatmosphäre. So gesehen ist dies die erste, echte Feuertaufe der Blogserie „Raus aus den Kneipen.“
Müsste ich Bernie beschreiben, würde ich ihn als einen wahren Freigeist mit Hang zum Esoterischen aber auch Hedonistischen beschreiben. Ein Typ Mensch, der innerlich gefestigt aber dennoch empfänglich für alle irdischen und außerirdischen Einflüsse ist.
Als er mir seine Terrasse zeigte - mit wunderbarem Blick auf den Prenzlauer Berg - kamen wir auf das mannshohe Wasserfass zu sprechen, dass dort wie ein Königsthron steht: Klar, bade er dort häufiger, auch die Außendusche nutze er viel. Der Hausmeister nennt das „Wasserspiele“ und meint es sei unvereinbar mit der Hausordnung. Nachbarn beschwerten sich über Überschwemmungen. Aber das sind anderer Leute Probleme. Im Sommer auf der Terrasse übernachten, klar, wann immer es geht. Dass ein Elektroroller in seiner Wohnung steht, begründet er damit, „das Ding endlich wieder zum Laufen“ bringen zu wollen.
Wir waren zum Essen verabredet. Bernie berichtete mehrmals, dass er stolzer Besitzer eines Tischdönergrills sei. Und da er zu Hause arbeite, und eigentlich nie tagsüber auswärts essen geht, ist es eine logische Konsequenz, unser Business Lunch in seiner Wohnung mit dem Dönertischgrill zu veranstalten. Hähnchenschenkel dürüm. Dazu selbstgebackenes Schwarzbrot – natürlich alles Bio. Sehr schmackhaft!
An den Kneipenabenden bestellt er sich stets später des Abends das „Tanzgetränk“. Nur die Bardame Kirsten und er wissen wirklich, was da drin ist. Tanzen scheint ohnehin die große Konstante in seinem Leben zu sein. Gern oben ohne und barfuß in den Tanzbars dieser Stadt. Auch zu Hause wird getanzt: zu Techno als Fitnessstudioersatz. Neue Musik entdeckt er sonntags im Mauerpark von den Straßenmusikern. Alles andere eben als konventionell.
Sein beruflicher Werdegang ist beachtlich. Irgendwann in den 90ern eine Software entwickelt und über die Dekaden erneuert, erweitert, verbessert. Lizenzgeschäft und gelegentlich Projektgeschäft. Wann immer er Geld benötigt, verschickt er Rechnungen. So richtig verstanden habe ich die Software und sein berufliches Handwerk nicht, aber die Größe und Anzahl der Monitore überzeugten mich, dass das hier alles sehr professionell abzulaufen scheint. Freitags ist ein Bereitschaftstag. Er öffnet ein Bier nach dem Essen. „Man kann ja erreichbar sein und ein Freitagsbier trinken.“ Passt schon, Bernie!
Vielen Dank Bernie!
(Interview vom Jan 2018)
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